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Soziale Leistungen als Verwaltungsstrafe für Jugendliche sind keine Zwangs- oder Pflichtarbeit

08.07.2025

VfGH: Steiermärkisches Jugendgesetz ist verfassungskonform

Es widerspricht nicht dem Verbot der Zwangs- oder Pflichtarbeit, Jugendliche, die gegen Jugendschutzbestimmungen verstoßen, zu sozialen Leistungen zu verpflichten. Der VfGH hat einen Antrag des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark abgewiesen, die entsprechende Regelung des Steiermärkischen Jugendgesetzes 2013 als verfassungswidrig aufzuheben. 

Anlass für den Antrag war, dass die Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg über eine 17-Jährige eine Verwaltungsstrafe von zehn Stunden Sozialdienst beim Roten Kreuz verhängte. Diese hatte im Mai 2024 im Fachmarktzentrum Deutschlandsberg eine Zigarette geraucht und damit gegen das Rauchverbot für Jugendliche verstoßen. 

Gemäß der Europäischen Menschenrechtskonvention darf niemand gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu leisten (Art. 4 Abs. 2 EMRK). Als Zwangs- oder Pflichtarbeit gilt nach der Rechtsprechung des EGMR und des VfGH jede Art von Arbeit oder Dienstleistung, die von einer Person unter Androhung einer Strafe verlangt wird und für die sie sich nicht freiwillig zur Verfügung gestellt hat, wenn die Arbeit „ungerecht oder bedrückend oder mit vermeidbaren Härten verbunden ist“. 

Die angefochtene Regelung des Steiermärkischen Jugendgesetzes hat, wie der VfGH feststellt, den Zweck, Jugendlichen, die Vorschriften missachtet haben, die Bedeutung sozialer Verantwortung vor Augen zu führen. Die Verpflichtung zu sozialen Leistungen (im Jugend-, Gesundheits- und Behindertenbereich, in der Altenpflege oder in Tierschutzeinrichtungen) bildet im Hinblick auf den Zweck der Strafe für Jugendliche eine geeignete Alternative zu Geldstrafen, auch weil sie im Unterschied zu Geldstrafen sozial gleichmäßig wirken. 

Die Verpflichtung zu sozialen Leistungen wird durch das Jugendgesetz sowohl inhaltlich als auch zeitlich (maximal 36 Stunden) deutlich begrenzt. Einem Jugendlichen dürfen als Verwaltungsstrafe auch nur Leistungen aufgetragen werden, die seinem Entwicklungsstand angemessen sind und weder ungerecht noch bedrückend oder mit vermeidbaren Härten verbunden sein können. In einer Gesamtbetrachtung fällt eine solche Verpflichtung zu sozialen Leistungen nach dem Steiermärkischen Jugendgesetz daher nicht unter das Verbot der Zwangs- oder Pflichtarbeit.

(G 152/2024)

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