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Auch Insassen einer Justizanstalt haben ein Recht auf Verfahrenshilfe

16.07.2025

VfGH hebt eine Regelung im Strafvollzugsgesetz als verfassungswidrig auf

Es ist verfassungswidrig, dass Strafgefangene und in forensisch-therapeutischen Zentren untergebrachte Personen (Insassen) bei Beschwerden gegen Entscheidungen des Anstaltsleiters keinen Anspruch auf Verfahrenshilfe haben. Der VfGH hat die entsprechende Regelung des Strafvollzugsgesetzes (StVG) aufgehoben; die Aufhebung tritt mit 1. Juli 2026 in Kraft.

Die Aufhebung erfolgte auf Antrag eines seit mehreren Jahren in einem forensisch-therapeutischen Zentrum untergebrachten Mannes. Dieser hatte im Februar 2024 um Vollzugslockerungen angesucht. Nachdem die Anstaltsleiterin dieses Ansuchen abgelehnt hatte, erhob der Mann Beschwerde an das Landesgericht für Strafsachen Wien als Vollzugsgericht und stellte gleichzeitig einen Antrag auf Verfahrenshilfe; sowohl die Beschwerde als auch der Verfahrenshilfeantrag wurden jedoch zurückgewiesen.

Nach dem Strafvollzugsgesetz kann ein Insasse gegen jede Entscheidung oder Anordnung des Anstaltsleiters Beschwerde erheben, die in seine subjektiven Rechte eingreift. Über eine solche Beschwerde entscheidet das Vollzugsgericht am Sitz des Oberlandesgerichtes, in dessen Sprengel der Strafgefangene die Strafe verbüßt bzw. die betroffene Person untergebracht ist. Gegen die Entscheidung des Vollzugsgerichtes kann unter bestimmten Voraussetzungen Beschwerde an das für das ganze Bundesgebiet zuständige Oberlandesgericht Wien erhoben werden.

Das Vollzugsgericht hat in diesem Beschwerdeverfahren Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) anzuwenden. Im AVG gibt es jedoch keine Regelung für die Gewährung von Verfahrenshilfe. Dies verstößt gegen das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz. Damit die Wahrung dieses Rechts sichergestellt ist, muss die Möglichkeit bestehen, dem Insassen bei finanzieller Bedürftigkeit unentgeltlich einen Rechtsbeistand zur Seite zu stellen, wenn die Beschwerde nicht aussichtslos oder missbräuchlich ist und schwierige Sachverhalts- oder Rechtsfragen zu klären sind.

Zur Beseitigung der Verfassungswidrigkeit hat der VfGH jene Bestimmung des StVG aufgehoben, aus der sich ergibt, dass im Beschwerdeverfahren nach dem StVG das AVG anzuwenden ist (§ 17 Abs. 2 Z 1 StVG).

(G 133/2024)

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