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VfGH weist FPÖ-Antrag zu U-Ausschuss betreffend politische Einflussnahme von ÖVP-Regierungsmitgliedern ab

13.08.2025

Beschluss des Geschäftsordnungsausschusses ist nicht rechtswidrig

Der VfGH hat den Antrag von 46 Abgeordneten der FPÖ abgewiesen, einen Beschluss des Geschäftsordnungsausschusses des Nationalrates (NR), welcher die Unzulässigkeit des Verlangens auf Einsetzung des Untersuchungsausschusses zur Klärung politischer Einflussnahme von ÖVP-Regierungsmitgliedern festgestellt hatte, für rechtswidrig zu erklären.

Rechtliche Grundlagen für die Entscheidung des VfGH

Seit 2015 kann ein Untersuchungsausschuss (U-Ausschuss) des NR auch auf Verlangen eines Viertels der Mitglieder des NR eingesetzt werden. Gegenstand der Untersuchung kann nur ein bestimmter abgeschlossener Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes sein
(Art. 53 Abs. 2 B-VG). Erstmals hat der VfGH im Jahr 2020 die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Bestimmtheit eines Untersuchungsgegenstandes dargelegt
(UA 1/2020, VfSlg. 20.370/2020). In anderen Verfahren in Verbindung mit U-Ausschüssen war es dem VfGH verwehrt, auf die Bestimmtheit des Untersuchungsgegenstandes einzugehen.

Wird ein Verlangen auf Einsetzung eines U-Ausschusses gestellt, hat der Geschäftsordnungs­ausschuss des NR zu prüfen, ob die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für die Einsetzung eines U-Ausschusses vorliegen. Erachtet der Geschäftsordnungsausschuss des NR das Verlangen auf Einsetzung eines U-Ausschusses oder einzelne genau zu bezeichnende Teile des Verlangens auf Grund dieser Prüfung als unzulässig, hat er die gänzliche oder teilweise Unzulässigkeit mit Beschluss festzustellen und zu begründen. 

Das dieses Verlangen unterstützende Viertel der Mitglieder des Nationalrates kann diesen Beschluss des Nationalrates beim Verfassungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit anfechten (Art. 138b Abs. 1 Z 1 B-VG).

Im Fall der Anfechtung prüft der VfGH nur die behauptete Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung des Geschäftsordnungsausschusses des NR.

Zu den Erwägungen des VfGH

Der von den Abgeordneten der FPÖ vorgeschlagene Untersuchungsgegenstand lautet:
„Verdacht der unsachlichen oder rein parteipolitisch motivierten Einflussnahme durch Ressort­verantwortliche, Mitarbeiter ihrer politischen Büros und (leitende) Bedienstete des Bundeskanzleramts (BKA), des Bundesministeriums für Inneres (BMI) und des Bundes­ministeriums für Justiz (BMJ), durch oberste Verwaltungsorgane sowie durch mit der ÖVP verbundene natürliche oder juristische Personen im Zeitraum vom 7. Jänner 2020 bis 20. Mai 2025 auf die Aufgabenerfüllung der den genannten Ressorts unterstehenden Behörden, insbesondere auf Organe der Strafjustiz und der Sicherheitsbehörden, sowie auf die unabhängigen Medien.“

Die Abgeordneten der FPÖ schlagen vor, diesen Untersuchungs­gegenstand in drei Beweisthemen zu gliedern: Ermittlungen zum Tod von Mag. Christian Pilnacek, Vorgehen der Behörden bei Versammlungen gegen COVID-19-Maßnahmen und staatliche Maßnahmen gegenüber „regierungs- und maßnahmenkritischen Bürgern“.

Der Geschäftsordnungsausschuss des NR hat mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und NEOS das Verlangen der FPÖ für "zur Gänze unzulässig" erklärt, weil dieser Untersuchungs­gegenstand nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben entspreche. Es sei unzulässig, inhaltlich nicht zusammenhängende Sachverhalte zu einem Untersuchungsgegenstand zu vermengen. Vor allem bestehe zwischen dem „Fall Pilnacek“ und den COVID-19-Maßnahmen kein ausreichender Zusammenhang, der es erlauben würde, von einem einheitlichen Vorgang zu sprechen. Der Untersuchungsgegenstand sei zudem nicht hinreichend bestimmt.

Nach Ansicht des VfGH begründet der Beschluss des Geschäftsordnungsausschusses mit diesen Ausführungen hinreichend, dass das Verlangen der Abgeordneten der FPÖ nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht:

Zunächst hat der Geschäftsordnungsausschuss nachvollziehbar dargelegt, dass sich der vorgeschlagene Untersuchungsgegenstand auf keinen bestimmbaren Vorgang bezieht. Der Untersuchungsgegenstand erfasst vielmehr die gesamte Amtsführung bestimmter Bundesministerien und der ihnen nachgeordneten Behörden. Die beigefügte Wortfolge „Verdacht der unsachlichen oder parteipolitisch motivierten Einflussnahme“ ist nicht geeignet, diesen Untersuchungsgegenstand hinreichend zu konkretisieren.

Der VfGH stellt klar, dass im Untersuchungsgegenstand die Untersuchung verschiedener Sachbereiche der Bundesvollziehung verlangt werden kann, um systematische Muster aufzuzeigen, doch ist die ausreichende Konkretisierung eines bestimmten Vorganges als Untersuchungsgegenstand zwingend.

Der VfGH erachtet auch die Ausführungen des Geschäftsordnungsausschusses als zutreffend, dass die im Verlangen angeführten Beweisthemen keinen ausreichenden inhaltlichen Zusammenhang aufweisen, sondern lediglich als eine lose Verknüpfung zueinander und zum Untersuchungsgegenstand zu werten sind.

Enthält der Untersuchungsgegenstand, so der VfGH, als solcher jedoch keinen ausreichend bestimmbaren und abgrenzbaren Vorgang, können auch konkret genannte Beweisthemen nicht zur Verfassungskonformität eines Untersuchungsgegenstandes führen. 

(UA 1/2025)

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