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Eine Wertsicherungsklausel in Mietverträgen kann nach dem Konsumentenschutzgesetz ungültig sein

11.07.2025

Regelung im Konsumentenschutzgesetz nicht verfassungswidrig

Der VfGH hat den Antrag zweier Immobilienunternehmen auf Aufhebung einer Bestimmung des Konsumentenschutzgesetzes betreffend Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen als unbegründet abgewiesen.

Eines der antragstellenden Unternehmen ist Vermieter einer Wohnung in Wien, deren Mieter die Rückzahlung eines Teils der Miete verlangt und vor einem Bezirksgericht Recht bekommen hat. Der Mieter hatte argumentiert, er habe aufgrund einer nach seiner Auffassung unwirksamen Wertsicherungsklausel im Mietvertrag zu viel Miete bezahlt. Er berief sich dabei auf eine Bestimmung des Konsumentenschutzgesetzes (§ 6 Abs. 2 Z 4 KSchG): Demnach sind Wertsicherungsklauseln in Verträgen (für Leistungen, die innerhalb von zwei Monaten ab Vertragsabschluss zu erbringen sind) unwirksam, es sei denn, der Unternehmer beweist, dass diese Klausel im einzelnen ausverhandelt wurde.

Nach Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes (OGH) seit 2023 gilt diese Bestimmung auch für sogenannte Dauerschuldverhältnisse und damit auch für Mietverträge.  Möchte ein Unternehmer die Möglichkeit haben, bereits innerhalb von zwei Monaten nach Abschluss eines Mietvertrages den vereinbarten Mietzins zu erhöhen, muss er dies somit mit dem Konsumenten „im Einzelnen aushandeln“ (§ 6 Abs. 2 Z 4 KSchG). Es genügt nicht, dass eine solche Klausel nur in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Unternehmers oder in einem vorgefertigten Vertragsformular enthalten ist.

Wird eine Änderung des Mietzinses nicht individuell vereinbart, ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes die Wertsicherungsklausel nicht nur für die ersten beiden Monate nach Vertragsabschluss, sondern zur Gänze unwirksam; ein Unternehmen verliert also überhaupt die Möglichkeit, in einem Mietvertrag mit einem Konsumenten den Mietzins an die Inflation anzupassen.

Der VfGH stellt zwar fest, dass § 6 Abs. 2 Z 4 KSchG in das Eigentumsrecht des Vermieters eingreift. Diese Regelung dient aber legitimen, im öffentlichen Interesse liegenden Zielen des Verbraucherschutzes und ist auch nicht unverhältnismäßig.

Ein Vermieter bzw. Unternehmer hat grundsätzlich die Möglichkeit, die Preisentwicklung innerhalb der nächsten beiden Monate nach Vertragsabschluss vorherzusehen. Sein Wertsicherungsinteresse ist daher für diesen Zeitraum geringer zu gewichten als das Interesse des Konsumenten, in diesem Zeitraum keinen höheren Preis zahlen zu müssen. Es ist auch nicht verfassungswidrig, dass eine verbotene Wertsicherungsklausel zur Gänze unwirksam wird. Diese Rechtsfolge entspricht nämlich dem Ziel, Unternehmer von der Verwendung solcher Klauseln abzuhalten, und ist durch die typischerweise schwächere Stellung des Verbrauchers bei den Vertragsverhandlungen gerechtfertigt.

(G 170/2024, G 37-38/2025)

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