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VfGH befasst sich mit Monitoringsystem im Arzneimittelhandel, „Bahnzwang“
bei Abfalltransporten und Wahlanfechtungen

12.09.2025

Beratungen über Social Egg Freezing werden fortgesetzt


In den nächsten Wochen berät der Verfassungsgerichtshof über mehrere hundert Anträge und Beschwerden, darunter die folgenden:

Verstößt das Monitoring der Lagerbestände von Medikamenten gegen die Erwerbsfreiheit?

Ein ab Anfang 2026 geplantes Monitoringsystem sieht vor, dass Arzneimittel-Vollgroßhändler u.a. dem Gesundheitsministerium und dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen täglich über eine elek­tronische Schnittstelle Daten zu den gelagerten Arzneispezialitäten und Wirkstoffen melden müssen. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung ist mit einer Geldstrafe bis zu 50.000 Euro bedroht.

Fünf Arzneimittel-Vollgroßhändler beantragen die Aufhebung dieses Monitoringsystems. Die entsprechen­den Bestimmungen im Bundesgesetz über Maßnahmen zur Sicherstellung der Verfügbarkeit von Arznei­mitteln (MSVAG) seien verfassungswidrig, weil sie – so die Antragsteller – gegen die Erwerbsfreiheit und das Grundrecht auf Datenschutz verstoßen.

(G 105/2025)

Anfechtung der Wahl des Bundeskurienobmanns der angestellten Ärzte

Eine Ärztin, die zum Zeitpunkt ihrer Beschwerde an den VfGH Obfrau der Kurie der angestellten Ärzte in Kärnten war, ficht die Wahl des Bundeskurienobmanns im Jahr 2022 an.

Das Ärztegesetz 1998 sieht für jede Landes-Ärztekammer eine Vollversammlung vor, aus der sich Kurienversammlungen bilden: eine (Landes-)Kurie der angestellten Ärzte und eine (Landes-)Kurie der niedergelassenen Ärzte. Beide wählen einen Kurienobmann und zwei Stellvertreter. Die Obmänner und die Stellvertreter dieser Landes-Kurien bilden jeweils die Bundeskurie der angestellten bzw. niedergelassenen Ärzte. Jede der beiden Bundeskurien wählt ebenso einen Obmann und zwei Stellvertreter.

Am 23. Juni 2022 fand die konstituierende Sitzung der Bundeskurie der angestellten Ärzte statt. Bei dieser Sitzung waren die Obmänner der Landes-Kurien zunächst vollzählig und deren Stellvertreter zum größten Teil anwesend. Unmittelbar vor der Wahl des Bundeskurienobmanns und seiner beiden Stellvertreter verließen jedoch die Obmänner und Stellvertreter der Landes-Kurien der angestellten Ärzte Niederösterreichs, Salzburgs, Vorarlbergs und Kärntens (also auch die Beschwerdeführerin) den Sitzungssaal. Die Wahl des Bundeskurienobmanns und seiner Stellvertreter fand daraufhin nur in Anwesenheit der Kurienvertreter der übrigen fünf Landes-Kurien statt.

Die Kärntner Ärztin hält die Wahl des Bundeskurienobmanns und seiner Stellvertreter für rechtswidrig, weil die Bundeskurie bei der Wahl nicht beschlussfähig gewesen sei. Sie hat beim Sozialminister (als Aufsichtsbehörde) sowie beim Bundesverwaltungsgericht beantragt, die Wahl aufzuheben; beide wiesen diesen Antrag jedoch ab.

(E 4563/2024)

Industrieunternehmen erachten „Bahnzwang“ für Abfalltransporte als unverhältnismäßig

Nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 müssen Abfälle per Bahn oder einem anderen mindestens genauso schadstoffarmen Verkehrsmittel transportiert werden, wenn sie mehr als zehn Tonnen wiegen und die Transportstrecke auf der Straße länger als 200 km ist (100 km ab 2026). Dies gilt nur dann nicht, wenn nachgewiesen wird, dass die Bahn keine entsprechenden Kapazitäten bereitstellen kann oder wenn ein Bahntransport die Strecke im Vergleich zur Straße um mindestens ein Viertel länger machen würde.

Mehrere Industrieunternehmen stellen beim VfGH den Antrag, diese 2021 eingeführte Regelung als verfassungswidrig aufzuheben: Durch die angestrebte Verlagerung von Abfalltransporten auf die Schiene könnten lediglich ein verschwindend kleiner Teil des gesamten CO2-Aufkommens in Österreich eingespart werden. Der mit dem „Bahnzwang“ verfügte, schwerwiegende Eingriff in die Erwerbsfreiheit der betroffenen Unternehmen sei unverhältnismäßig.

(G 216/2024)

Nur Soldatinnen dürfen Haare zu einem „Pferdeschwanz“ zusammengebunden tragen: Gleichheitsgrundsatz verletzt?

Ein Berufssoldat bekämpft beim VfGH einen Erlass des Verteidigungsministeriums, wonach für Soldatinnen lange, zu einem Pferdeschwanz zusammengebundene Haare erlaubt sind, für Soldaten jedoch nicht. Der Mann sieht u.a. sein Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz verletzt.

Mit seiner Beschwerde beim VfGH möchte der Soldat erreichen, dass eine 2023 über ihn verhängte Disziplinarstrafe aufgehoben wird, weil es keine sachliche Rechtfertigung für die unterschiedlichen Vorgaben für männliche und weibliche Soldaten gebe.

(E 2467/2024)

Nicht zugelassener Bürgermeisterkandidat ficht Wahl in Nenzing an

Ein nicht als Kandidat zugelassener Gemeindepolitiker ficht die Wahlen des Gemeinderates und des Bürgermeisters in Nenzing vom 16. März dieses Jahres an. Der Vorarlberger wollte auf der Liste „Sauberes Nenzing – SPÖ und Parteifreie“ als Bürgermeister kandidieren. Er bemängelt, dass die Gemeindewahlbehörde seine Wahlvorschläge – d.h. die auf dieser Liste kandidierenden Personen und damit auch ihn – zurückgewiesen hatte, weil laut der Gemeindewahlbehörde die Frist für die Verbesserung der Wahlvorschläge versäumt worden sei. Die Behörde habe jedoch nicht aufgezeigt, in welchen Punkten die Wahlvorschläge mangelhaft gewesen seien und auch keinen klaren und konkreten Verbesserungsauftrag erteilt. Dies stelle „böswilliges Verhalten“ der Gemeindewahlbehörde dar. Die Wahlen seien daher als rechtswidrig aufzuheben.

(W I 1/2025 u.a.)

Asylrechtssachen

Der VfGH ist auch wieder mit zahlreichen Fällen zum Asyl- und Fremdenrecht befasst. Unter anderem haben syrische Staatsangehörige Beschwerden gegen die Abweisung ihrer Asylanträge durch das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) erhoben, weil das BVwG für seine Entscheidungen veraltete Länderberichte über die Lage in Syrien herangezogen und die Erreichbarkeit des Heimatorts nicht ausreichend überprüft habe oder die Gefahr, in Syrien zwangsrekrutiert zu werden, unberücksichtigt geblieben sei.

(E 1520/2025, E 1539/2025 u.a.)

Weitere Fälle

Darüber hinaus setzt der VfGH seine Beratungen über „Social Egg Freezing“ (G 52/2024), die Sicherheitskontrollen auf Flughäfen durch private Unternehmen (G 215/2024, E 1128/2024) sowie zur Einsicht in das Register der wirtschaftlichen Eigentümer (G 62/2025, E 2888/2024) fort.

 

Steht ein Fall auf der Tagesordnung, bedeutet dies nicht automatisch, dass darüber in diesen Tagen entschieden wird. Nach Ende der Beratungen werden die Entscheidungen des VfGH den Verfahrensparteien zugestellt. Erst danach wird der VfGH darüber informieren.

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