Navigation öffnen
Inhalt

Adoption nach Trennung: Gleichbehandlung für gleichgeschlechtliche Paare

24.10.2018G 69/2018

Verfassungsgerichtshof trifft mit verfassungskonformer Interpretation Klarstellung: Ehemalige Partnerin der Mutter darf Kind adoptieren.

Bereits im Dezember 2014 hat der Verfassungsgerichtshof entschieden, dass auch gleichgeschlechtliche Paare gemeinsam ein Kind adoptieren können. Mit einem Erkenntnis vom 3. Oktober 2018 hat der Gerichtshof seiner Rechtsprechung gegen Diskriminierung folgend eine weitere Klarstellung getroffen: Homosexuelle Paare und deren Kinder dürfen auch nach einer Trennung nicht diskriminiert werden; auch nach der Trennung muss eine Adoption durch eine ehemalige Partnerin – oder einen ehemaligen Partner – möglich sein. Diese Feststellung konnte mittels einer verfassungskonformen Interpretation von § 197 Abs. 3 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) getroffen werden. Die Aufhebung von Bestimmungen war nicht nötig.

§ 197 Abs. 3 ABGB besagt dem Wortlaut nach, dass im Fall einer Einzeladoption eine Wahlmutter nur an die Stelle der Mutter treten kann und ein Wahlvater nur an die Stelle des Vaters. Im Fall einer Trennung führte diese Bestimmung dazu, dass bei verschiedengeschlechtlichen Paaren der nicht-leibliche Elternteil adoptieren kann, bei gleichgeschlechtlichen Paaren aber nicht.

Der Anlassfall betrifft zwei Frauen, die 16 Jahre in Lebensgemeinschaft gelebt haben, und ein Kind, das eine der Frauen während aufrechter Lebensgemeinschaft nach einer Insemination geboren hat. Im Jahr 2010 übernahmen die Frauen die gemeinsame Obsorge für das minderjährige Kind. Eine Adoption durch die gleichgeschlechtliche Partnerin der Mutter war zu diesem Zeitpunkt noch nicht möglich.

Später trennten sich die Frauen. Die gemeinsame Obsorge behielten sie. Eine Adoption des Kindes durch die frühere Partnerin der Mutter hat das zuständige Bezirksgericht im Jahr 2017 aber unter Hinweis auf § 197 Abs. 3 ABGB abgewiesen. Möglich wäre nur gewesen, dass die Ex-Partnerin an die Stelle der leiblichen Mutter tritt.

Anlässlich eines Rekurses gegen diese Entscheidung des Bezirksgerichts stellte die Ex-Partnerin auch einen Gesetzesprüfungsantrag an den VfGH. In diesem machte sie u.a. geltend, dass die jüngere Rechtsentwicklung zwar eine gemeinsame Elternschaft gleichgeschlechtlicher Paare ermögliche, und zwar nicht nur bei aufrechter Partnerschaft, sondern auch nach einer Trennung. Sie sei von der Adoption aber aus letztlich rein formalen Gründen ausgeschlossen. Dies verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz sowie das von der Europäischen Menschenrechtskonvention garantierte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens.

Der Verfassungsgerichtshof gab der Antragstellerin recht. Laut dem Erkenntnis ist „nicht ersichtlich, dass der Umstand der Trennung gleichgeschlechtlicher Paare – im Gegensatz zur Trennung verschiedengeschlechtlicher Paare – dem Kindeswohl widersprechen und den generellen Ausschluss der Annahme an Kindesstatt in solchen Fällen rechtfertigen würde“. Das geltende Adoptionsrecht stellt zudem sicher, „dass die Annahme an Kindesstatt nur in jenen Fällen bewilligt wird, in denen – trotz Trennung – ein stabiles Umfeld und die Wahrung des Kindeswohles gewährleistet werden kann“.

§ 197 Abs. 3 ABGB kann daher verfassungskonform so interpretiert werden, dass eine Wahlmutter an die Stelle des leiblichen Vaters treten kann – und ein Vater an die Stelle der leiblichen Mutter. 

Zum Seitenanfang