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Flaggenparade bei einer internationalen Veranstaltung
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Verfassungsgerichtsbarkeit international

Weltweiter Verbund zum Schutz von Rechtsstaat und Menschenrechten

Der österreichische Verfassungsgerichtshof ist Teil eines europa- und weltweiten Verbundes von Gerichten mit dem Ziel der Sicherung des Rechtsstaats und der Menschenrechte. Zu diesem Verbund gehören einerseits andere Verfassungsgerichte und andererseits europäische Gerichtshöfe wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) und der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH). Als das weltweit erste Gericht mit der Zuständigkeit für eine Normenprüfung im Sinne einer konzentrierten Verfassungsgerichtsbarkeit nimmt der Verfassungsgerichtshof eine Pionierrolle bei der Entwicklung der Verfassungsgerichtsbarkeit ein.

In der Konferenz der Europäischen Verfassungsgerichte (CECC) und der Weltkonferenz der Verfassungsgerichtsbarkeit (WCCJ) ist die Zusammenarbeit institutionalisiert worden. Der Verfassungsgerichtshof ist in beiden Einrichtungen Gründungsmitglied und federführend tätig. Im Jahr 2014 (und zuvor schon einmal 1978) hat er den XVI. Kongress der Konferenz der Europäischen Verfassungsgerichte in Wien ausgerichtet.

Der Verfassungsgerichtshof pflegt außerdem intensive Kontakte zu anderen Verfassungsgerichten, vor allem zu den Verfassungsgerichten der Nachbarländer.

Von Bedeutung für die internationale Entwicklung der Verfassungsgerichtsbarkeit ist weiters die „Europäische Kommission für Demokratie durch Recht“ („Venice Commission“), eine Einrichtung des Europarates. Die Kommission wurde 1990 gegründet, um nach dem Fall des Eisernen Vorhangs die Reformstaaten bei der Ausarbeitung neuer Verfassungen zu unterstützen. Sie hat sich seither zu einem unabhängigen Beratungsorgan im Verfassungsbereich entwickelt. Die Zusammenarbeit zwischen der „Venice Commission“ und den Verfassungsgerichten ist im „Joint Council on Constitutional Justice“ institutionalisiert.

Die Konferenz der Europäischen Verfassungsgerichte

Die Konferenz der Europäischen Verfassungsgerichte wurde 1972 in Dubrovnik gegründet und vereinigt Vertreter der europäischen Verfassungsgerichte bzw. diesen vergleichbarer Institutionen, die eine Normenkontrolle durchführen. Sie fördert den Informationsaustausch unter ihren Mitgliedern und ergreift Maßnahmen zur Stärkung der Unabhängigkeit der Verfassungsgerichte als wesentlichem Element für Garantie und Umsetzung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. So verabschiedete die Konferenz bei ihrem Kongress in Batumi (Georgien) im Juni 2017 auf Initiative des österreichischen Verfassungsgerichtshofes eine Resolution zur „Achtung für die Unabhängigkeit der Verfassungsgerichte“.

Die Vertreter der Gerichte betonen in dieser Resolution, dass die Legitimität und Wirksamkeit der Verfassungsgerichte „unbedingt“ von ihrer Unabhängigkeit abhingen. Sie riefen die Entscheidungsträger in den nationalen Parlamenten und Regierungen daher auf, „die Wahrung und den Schutz der Unabhängigkeit unserer Gerichte und unserer Rechtsprechung zu respektieren, da dies eine unabdingbare und fundamentale Voraussetzung für die ordentliche Arbeit jedes Gerichtes ist“.

Die Konferenz besteht aus 40 Vollmitgliedern (Stand November 2022), einem assoziierten Mitglied (Belarus) und einer Reihe von Beobachtern und geladenen Gästen (interessierte Gerichte von Ländern außerhalb Europas, wie z.B. Israel, Usbekistan, Kasachstan, die Mongolei).

Der österreichische Verfassungsgerichtshof führte von 2011 bis 2014 zum zweiten Mal den Vorsitz der Konferenz. 2014 richtete er in Wien den XVI. Kongress der Konferenz der Europäischen Verfassungsgerichte in Wien aus. Die Unterlagen zu dieser Veranstaltungen sind weiterhin unter folgendem Link abrufbar: XVI. Kongress der Konferenz der Europäischen Verfassungsgerichte. Der Kongress  2017 fand in Batumi statt. Im Jahr 2021 musste der XVIII. Kongress pandemiebedingt virtuell aus Prag übertragen werden. Das Verfassungsgericht der Republik Moldau hat derzeit den Vorsitz inne und wird den nächsten Kongress ausrichten. Die Vorbereitungskonferenz dafür fand im Mai 2022 statt.

Die Weltkonferenz der Verfassungsgerichtsbarkeit

Die Weltkonferenz der Verfassungsgerichtsbarkeit ist das Ergebnis der Zusammenführung von Sprach- oder Regionalgruppen (u.a. die Konferenz der Europäischen Verfassungsgerichte, Vereinigung der Asiatischen Verfassungsgerichte, Ibero-amerikanische Konferenz der Verfassungsgerichtsbarkeit), mit denen die Venice Commission seit 1996 Kontakte pflegt. Ziel ist es, die Zusammenarbeit der Mitglieder durch die Organisation regelmäßiger Kongresse, die Teilnahme an regionalen Konferenzen und Seminaren und den Austausch von Erfahrungen und Rechtsprechung zu stärken.

Die Konferenz tagt im alle drei Jahre. Der erste Kongress fand unter Teilnahme von 93 Verfassungsgerichten und 9 Sprach- oder Regionalgruppen im Januar 2009 in Kapstadt statt. Der Hauptzweck der Weltkonferenz liegt darin, die Kommunikation zwischen den Verfassungsrichtern auf globaler Ebene zu fördern. Heute zählen mehr als 110 Verfassungsgerichte (Constitutional Courts), Verfassungsräte (Constitutional Councils) und Oberste Gerichtshöfe mit Verfassungsgerichtsbarkeit (Supreme Courts) in Afrika, Amerika, Asien, Australien und Europa zu den Mitgliedern der Weltkonferenz. Im Jahr 2017 tagte die Konferenz in Vilnius (Litauen). Den 5. Kongress der Weltkonferenz der Verfassungsgerichtsbarkeit (WCCJ), organisiert das Verfassungsgericht Indonesiens in Bali von 4. bis 7. Oktober 2022.


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