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„Klimacamps“ können unter das Versammlungsgesetz fallen

11.07.2023

Anmeldung zurückzuweisen verstieß gegen Grundrecht auf Versammlungsfreiheit

Der VfGH hat den Beschwerden einer Frau stattgegeben, die Versammlungen in Form des „sechsten österreichischen Klimacamps“ abhalten wollte: Diesbezügliche Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Wien, die die Frau angefochten hatte, verstoßen gegen das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit.  

Die Landespolizeidirektion Wien und das Verwaltungsgericht Wien hatten die Versammlungsanzeigen der Frau zurückgewiesen, weil die Abhaltung von Workshops, „Summer Schools“ und ähnlichen Aktivitäten, die im Rahmen des „Klimacamps“ stattfinden würden, keine Versammlungen, sondern sonstige Veranstaltungen seien. Die „Klimacamps“ waren in Parkanlagen sowie im „Zukunftshof“ im zehnten Wiener Gemeindebezirk geplant.

Eine Versammlung ist, so der VfGH in seiner ständigen Rechtsprechung, eine Zusammenkunft von Menschen, die in der Absicht veranstaltet wird, die Anwesenden zu einem gemeinsamen Wirken (Debatte, Diskussion, Manifestation) zu bringen, sodass eine gewisse Assoziation der Beteiligten entsteht. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. 

Mag ein „Klimacamp“ auch Elemente einer Veranstaltung aufweisen, so überwiegt bei einer Gesamtbetrachtung das gemeinsame Wirken der Beteiligten und damit der Versammlungscharakter. Die im Rahmen des „Klimacamps“ angebotenen Workshops dienen nicht etwa der Erbauung oder Unterhaltung der Anwesenden, vielmehr geht es darum, ein kollektives Verhalten in demonstrativem Zusammenwirken zur Verfolgung eines gemeinsamen Zieles hervorzurufen. 

Indem das Verwaltungsgericht Wien den Versammlungscharakter zu Unrecht verneint hat, ohne sich mit den maßgeblichen Gesichtspunkten der angezeigten Zusammenkünfte umfassend auseinanderzusetzen, wurde die Organisatorin des „sechsten österreichischen Klimacamps“ im Grundrecht auf Versammlungsfreiheit verletzt.

(E 1135/2022, E 1142/2022)

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