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Mietrecht: Unterschiedliche Richtwerte belasten Vermieter nicht unverhältnismäßig

19.07.2017G 428/2016, V 75/2018, G 34/2017, V 26/2017

Der VfGH wies Anträge von Vermietern auf die Überprüfung des Richtwertgesetzes ab. Die Regelungen dienen dem leistbaren Wohnen.

Der Verfassungsgerichtshof hat sich in seiner Juni-Session ein weiteres Mal mit dem Mietrecht befasst und mehrere Anträge von Vermietern ab- bzw. in Teilen zurückgewiesen. Die Antragsteller hatten u.a. zwei Regelungen des Richtwert- bzw. des Mietrechtsgesetzes angefochten: Die je nach Bundesland unterschiedlich hohen Richtwerte und den Stichtag 8. Mai 1945 (Ende des Zweiten Weltkriegs) für die Vollanwendung des Mietrechtsgesetzes. Der Gerichtshof hat die angefochtenen Regelungen vor dem Hintergrund der von den Antragstellern geltend gemachten Bedenken am Maßstab des Gleichheitssatzes, des Grundrechts auf Eigentum sowie des Grundrechts auf Freiheit der Erwerbsbetätigung als nicht verfassungswidrig beurteilt. 

Betreffend das Richtwertgesetz argumentierten die Antragsteller unter anderem, dass es unsachlich sei, wenn der Richtwert für die gesamte Steiermark und damit für die Stadt Graz höher sei als für die Bundeshauptstadt Wien, obwohl doch in Wien sowohl die Grund- als auch die Baukosten höher seien als in der steirischen Landeshauptstadt.

Der Verfassungsgerichtshof wies die Bedenken am 28. Juni 2017 ab. Zwar verbietet der Gleichheitsgrundsatz sachlich nicht begründbare Regelungen. Innerhalb dieser Schranken ist der Gesetzgeber aber – wie auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Zusammenhang mit gesetzlichen Mietzinsbeschränkungen mehrfach ausgeführt hat – frei, seine politischen Zielvorstellungen zu verfolgen. Mit der Festsetzung der Richtwerte hat der Gesetzgeber seinen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum nicht überschritten.

Es widerspricht nicht dem Gleichheitsgrundsatz und anderen Vorgaben der Verfassung, dass das Richtwertgesetz je nach Bundesland verschiedene Richtwerte vorsieht und die Vermieter damit unterschiedlich belastet. Unterschiedlich hohe Richtwerte sind auch dann nicht unsachlich, wenn die Richtwerte in verschiedenen Bundesländern Baukosten und Marktverhältnisse nicht proportional spiegeln: „Der Gleichheitsgrundsatz zwingt zu keiner Regelung, die für Vermieter in Bezug auf die Mietzinsbegrenzung in allen Ländern eine gleichmäßige Belastung schafft.“

Auch der vergleichsweise niedrige Richtwert für das Land Wien ist nicht unsachlich: „So vermögen insbesondere die Wohnungssituation im Land Wien im Allgemeinen und die stärkere Angewiesenheit der Bevölkerung auf erschwinglichen Wohnraum sowie die vergleichsweise hohe Miet- bzw. niedrige Eigentumsquote im Besonderen eine abweichende Behandlung innerhalb der Grenzen der Sachlichkeit zu rechtfertigen.“

Die im öffentlichen Interesse des leistbaren Wohnens zulässige Belastung der Vermieter ist auch nicht unverhältnismäßig. Dies würde etwa dann zutreffen, wenn die Vermieter angesichts der Mietpreise nicht mehr in der Lage wären, ihr Eigentum angemessen zu erhalten. Die Antragsteller haben eine entsprechende Behauptung allerdings weder näher ausgeführt „noch deckt sich eine solche Annahme mit der allgemeinen Lebenserfahrung“.

Gegenstand eines weiteren Antrages war die Stichtagsregelung für die (Voll-)Anwendung des Mietrechts im Fall von Wohnungseigentum. Der Gerichtshof stellt fest, dass die Festlegung eines Stichtags in den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers falle, solange die Regelung nicht unsachlich ist.

Konkret besagt das Mietrechtsgesetz, dass Mietobjekte, die im Wohnungseigentum stehen, sofern sie in Gebäuden gelegen sind, die aufgrund einer nach dem 8. Mai 1945 (Ende des Zweiten Weltkrieges) erlassenen Baubewilligung errichtet wurden, u.a. nicht unter die Richtwertregelung fallen. Der Gerichtshof hält diese Regelung für sachlich gerechtfertigt, auch weil damit die Schaffung von Wohnraum im Rahmen des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg honoriert werden sollte. Außerdem stehen dem durch den Richtwert begrenzten Mietzins im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes auch eingeschränkte Erhaltungspflichten des Vermieters gegenüber.

Anlass für die Verfahren waren jeweils Entscheidungen von Bezirksgerichten, in denen Mietern eine Herabsetzung des Mietzinses zugesprochen wurde. Aus Anlass von Rekursen gegen diese Sachbeschlüsse haben die Vermieter jeweils auch die Aufhebung von Teilen des Mietrechts- sowie des Richtwertgesetzes begehrt.

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