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TV-Sender hat redaktionelle Verantwortung bei Verhetzung nicht wahrgenommen

06.11.2023

Feststellung, dass Verstoß gegen AMD-Gesetz vorlag, verstößt nicht gegen Meinungs- bzw. Medienfreiheit

Der VfGH hat die Beschwerde eines Privatfernsehsenders dagegen, dass er sich nicht ausreichend gegen verhetzende Aussagen in einem Live-Interview distanziert habe, abgewiesen. Mit seiner Beschwerde wollte der Sender erreichen, dass eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aufgehoben wird. Dieses hatte – der Kommunikationsbehörde Austria folgend – festgestellt, dass in einem von dem Sender live ausgestrahlten und auf der Website als Video bereitgestellten Interview zu Hass auf Grund von Rasse und Nationalität aufgestachelt und dadurch gegen das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz verstoßen worden sei. Der interviewte Studiogast selbst war für beleidigende Äußerungen über die Volksgruppe der Chinesen strafrechtlich wegen Verstoßes gegen § 283 Abs. 1 und Abs. 2 StGB (Verhetzung) verurteilt worden. 

Die Feststellung des Bundesverwaltungsgerichtes verletzt den Sender nicht im Grundrecht auf freie Meinungsäußerung. Zwar gehört es zu den wesentlichen Aufgaben von Massenmedien, in der demokratischen Gesellschaft vertretene Meinungen öffentlich auch dadurch sichtbar zu machen, dass solche Meinungen in Sendungen geäußert werden. Dies gilt auch für kritische, angriffige oder schockierende Meinungen. Solche Meinungen sind den Personen, die sich entsprechend äußern, zuzurechnen und auch in erster Linie von ihnen zu verantworten.

Ein Medienunternehmen, das solche Meinungsäußerungen öffentlich ausstrahlt, trägt jedoch dafür eine gewisse redaktionelle Verantwortung. Diese kann auf verschiedene Weise wahrgenommen werden, so etwa dadurch, dass diese Meinungsäußerungen im Gesamtkonzept der Sendung relativiert werden.

Im Beschwerdefall – einem längeren Einzelinterview mit dem Studiogast –  ist der Moderator dieser Verantwortung nicht ausreichend nachgekommen. Er hat darauf abgezielt, dass der Studiogast pointierte Meinungsäußerungen tätigt, und ihn motiviert, diese Äußerungen zu wiederholen und zuzuspitzen. Der Verfassungsgerichtshof erachtet die Einschätzung des Bundesverwaltungsgerichtes, dass das Verhalten des Moderators der Verantwortung des Fernsehsenders nicht ausreichend Rechnung trägt, für verfassungsrechtlich unbedenklich. 

(E 1008/2023)

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