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Der Verfassungsgerichtshof trauert um
Kurt Heller (1939–2020)

06.04.2020

Ein Leben im Dienste des Rechtsstaates und der Menschenrechte

Kurt Heller (1939–2020) 

Der Verfassungsgerichtshof trauert um sein früheres Mitglied Kurt Heller. Heller ist am 1. April 2020 nach langer schwerer Krankheit im 81. Lebensjahr verstorben. Der Gerichtshof, die Mitglieder sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erinnern sich an Heller als einen hervorragenden Juristen, der dem Haus über 30 Jahre lang, von 1979 bis 2009, angehört hat.

Kurt Heller gehörte zu einer Generation von Verfassungsrichtern, die den Wandel der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) im Bereich der Grundrechte seit den 1980er Jahren geprägt haben. Heller hatte darüber hinaus entscheidenden Anteil an der Verarbeitung der verfassungsrechtlichen Konsequenzen des Beitritts Österreichs zur Europäischen Union und prägte die Rechtsprechung insbesondere im Wirtschaftsrecht, zuletzt aber vor allem im Bereich des Asylrechts, das er bis zu seinem Ausscheiden aus dem Gerichtshof als ständiger Referent betreute. Besondere Verdienste erwarb sich Heller mit seinen Bemühungen um die internationalen Kontakte des Verfassungsgerichtshofes zu den Höchstgerichten anderer Staaten, insbesondere zum US-Supreme Court.

„Ein großer Jurist und Humanist, der stets den Einzelnen im Blick behielt"

„Kurt Heller war eine außergewöhnliche Richterpersönlichkeit, die sich durch Bescheidenheit und Hilfsbereitschaft auszeichnete“, sagte der Präsident des Verfassungsgerichtshofes Christoph Grabenwarter. Er habe maßgeblichen Anteil an der Entwicklung der rechtsstaatlichen und menschenrechtlichen Standards im Asylrecht gehabt, die der Verfassungsgerichtshof bis heute seiner Judikatur zugrunde lege. „Kurt Heller bleibt uns als ein großer Jurist und Humanist in Erinnerung, der in allen Fällen stets den einzelnen Beschwerdeführer und sein Schicksal im Blick behielt.“

Kurt Heller kam am 16. August 1939 in Wien als Sohn des gleichnamigen späteren Amtsführenden Stadtrates und Präsidenten des Österreichischen Olympischen Komitees zur Welt. 1961 wurde er an der Universität Wien zum Dr. jur. promoviert, 1968 legte er die Rechtsanwaltsprüfung ab. Er war Gründungspartner der renommierten Anwaltssozietät Heller, Löber, Bahn & Partner, nach Zusammenschlüssen bis 2002 Partner von Freshfields Bruckhaus Deringer.

Heller spezialisierte sich auf öffentliches Recht, Schiedsgerichtsbarkeit, internationales Privatrecht und internationales Vertragsrecht. Bereits im Jahr 1979 wurde er auf Vorschlag des Bundesrates Mitglied des Verfassungsgerichtshofes. Er gehörte dem Exekutivausschuss der International Academy of Estate and Trust Law (San Francisco) an, deren Präsident er 1997 und 1998 war. Ab 2001 war er Honorarprofessor an der Universität Linz mit einer Lehrbefugnis für vergleichendes öffentliches Recht und internationale Schiedsgerichtsbarkeit. Bis 2002 war Heller Mitglied der österreichischen Delegation bei der Kommission für internationale Schiedsgerichtsbarkeit bei der Internationalen Handelskammer in Paris. Als Mitglied der Mentor Group mit Sitz in Boston setzte er sich über Jahrzehnte für den intensiven Gedankenaustausch zwischen amerikanischen und europäischen Juristen ein. Ab 2003 war Kurt Heller ständiger Referent des Verfassungsgerichtshofes, bis er 2009 mit Erreichen der Altersgrenze aus dem Kollegium ausschied.

Kurt Heller ist Autor von über 70 wissenschaftlichen Publikationen. Zum 90-jährigen Bestehen des Verfassungsgerichtshofes im Jahr 2010 veröffentlichte er ein Handbuch über den VfGH. Bereits 1999 erschien ein Band über die Rechtsgeschichte Venedigs, jener Stadt, der seine große Leidenschaft neben der Juristerei galt.

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