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Gewerberecht: Begünstigungen für Feste politischer Parteien sind nicht verfassungswidrig

02.11.2017G 39/2017

Die Förderung der politischen Tätigkeit liegt im öffentlichen Interesse und ist von Verfassungs wegen unterstützenswert. 

Für Veranstaltungen und Feste von politischen Parteien gelten seit dem Jahr 2016 Begünstigungen im Gewerberecht, wie sie zuvor vor allem von gemeinnützigen Vereinen beansprucht werden konnten. Der Verfassungsgerichtshof erkennt in dieser Privilegierung von Parteien in einem Erkenntnis vom 26. September 2017 keine Verfassungswidrigkeit – und zwar auch dann nicht, wenn der Erlös nicht gemeinnützigen Zwecken, sondern der politischen Tätigkeit zu Gute kommt. Der Gesetzgeber verfolgt damit „ein im öffentlichen Interesse gelegenes Ziel, nämlich politische Parteien wegen ihrer Bedeutung für die demokratische Willensbildung zu fördern“.

Dem Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof lag ein Antrag des „Vereins zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs“ zu Grunde. Dieser besteht seit 1983 und zielt nach eigenen Angaben auf die Förderung und den Schutz des lauteren und freien Wettbewerbs in allen Wirtschaftszweigen ab. Tätig sei man vor allem im Bereich des Gastgewerbes.

Im Anlassfall macht der Verein geltend, dass eine Sektion der SPÖ Wien ein Straßenfest ohne die dafür erforderliche Gewerbeberechtigung veranstaltet habe. Das Handelsgericht Wien wies eine Unterlassungsklage in erster Instanz ab. Gegen diese Entscheidung berief der Verein und brachte gleichzeitig beim VfGH den vorliegenden Antrag auf Aufhebung von Bestimmungen in der Gewerbeordnung ein. Denn, so die Begründung, mit dem EU-Abgabenänderungsgesetz 2016 und einer ebenfalls 2016 beschlossenen Novelle zur Gewerbeordnung würden die wirtschaftlichen Aktivitäten von politischen Parteien, deren Vorfeldorganisationen sowie deren territorialen Untergliederungen gegenüber wirtschaftlichen Aktivitäten regulärer Wirtschaftstreibender massiv privilegiert.

Der VfGH folgte diesen Einwänden nicht und wies den Antrag ab. Wörtlich heißt es in der Entscheidung: „Die dieser Erstreckung des Anwendungsbereichs der Ausnahme [im Gewerberecht, Anm.] auf politische Parteien, ihre Gliederungen und die ihnen nahestehenden Organisationen zugrunde liegende Wertung besteht darin, dass auch Aktivitäten politischer Parteien (im weiteren Sinn) von Verfassungs wegen unterstützenswerte Ziele bilden. Diese Annahme wird durch die Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 1 PartG zum Ausdruck gebracht.“

Für begünstigte Veranstaltungen politischer Parteien gelten Voraussetzungen wie für das sogenannte „kleine Vereinsfest“. Dazu zählen die Organisation und Durchführung durch Mitglieder sowie Obergrenzen für Künstlerhonorare (€ 1.000,– pro Stunde), Dauer (72 Stunden im Kalenderjahr) und Umsatz (€ 15.000,– im Kalenderjahr). Dazu heißt es im Erkenntnis: „Diese zeitlich begrenzte Konkurrenz ermöglicht es politischen Parteien, gleich gemeinnützigen Vereinen Einnahmen zu erzielen, die ihrerseits zur Erreichung des verfassungsrechtlich in § 1 PartG festgelegten Zwecks politischer Parteien herangezogen werden können. Angesichts dessen wirken allfällige temporäre wirtschaftliche, nicht in die Rechtssphäre reichende Nachteile von Gewerbebetrieben nicht so schwer, dass sich die Ausnahmeregelung auch in der nunmehr mit einer Stundenanzahl begrenzten Form als verfassungswidrig erwiese.“

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