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COVID-19 Finanzierungsagentur ist verfassungskonform

21.12.2021

Richterkollegium traf in jüngsten Beratungen etwa 300 Entscheidungen, die nach und nach veröffentlicht werden

Der VfGH hat in seinen kürzlich beendeten Beratungen über ca. 300 Fälle entschieden. Diese Entscheidungen werden nun nach und nach ausgefertigt und den Verfahrensparteien zugestellt; erst dann ist eine Veröffentlichung möglich.

COFAG verstößt weder gegen Legalitätsprinzip noch gegen Grundsätze der Staatsorganisation

Der VfGH hat einen Antrag der Oppositionsparteien, demzufolge die Gewährung und Überprüfung der COVID-19-Hilfen durch die COVID-19 Finanzierungsagentur (COFAG) des Bundes verfassungswidrig sei, abgewiesen. Die angefochtenen Bestimmungen verstoßen weder gegen das Legalitätsprinzip noch gegen Grundsätze der Staatsorganisation.

Die 85 Nationalratsabgeordneten der SPÖ, der FPÖ und der Neos hatten in einem sogenannten „Drittelantrag“ die Verfassungswidrigkeit der Rechtsgrundlagen für die Gewährung von COVID-19-Hilfen an Unternehmen geltend gemacht. Seit März 2020 gewährt die COFAG Finanzhilfen an österreichische Unternehmen, die durch die Pandemie in Liquiditätsschwierigkeiten geraten sind. Sie stellt für betroffene Unternehmen Leistungen wie Garantien, Fixkostenzuschüsse, einen Verlustersatz, einen Ausfallbonus sowie einen Lockdown-Umsatzersatz bereit; dafür stehen ihr 15 Mrd. Euro zur Verfügung. Die COFAG erkennt diese Leistungen nach Richtlinien zu, die vom Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Vizekanzler als Verordnungen zu erlassen sind. Bisher hat der Finanzminister insgesamt zwölf entsprechende Verordnungen erlassen.

Die Oppositionsabgeordneten waren der Ansicht, dass die Bestimmungen über die Vergabe und allfällige Rückforderung von COVID-19-Hilfen gegen das Legalitätsprinzip verstießen. Nach Art. 18 Abs. 1 B-VG darf die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden. Daraus folgt, dass Gesetze einen Inhalt haben müssen, durch den die Verwaltung hinreichend vorherbestimmt wird. Das angefochtene Gesetz enthalte jedoch, so die Abgeordneten, keinerlei inhaltliche Vorgaben für die nähere Ausgestaltung dieser Hilfen, diese Regelung sei vielmehr dem Bundesminister für Finanzen (im Einvernehmen mit dem Vizekanzler) überlassen worden.

Der VfGH hat entschieden, dass das Gesetz ausreichende Bestimmungsgrößen (Determinanten) für den Inhalt der zu erlassenden Verordnungen enthält. Darüber hinaus unterliegt der Finanzminister dem Gleichheitsgrundsatz, wenn er auf Grund der gesetzlichen Ermächtigung handelt; die Förderungen sind daher nach Maßgabe des Gleichbehandlungsgebots und nach sachlichen Kriterien zu gewähren.

Die Abgeordneten hatten auch beanstandet, dass die Auszahlung der Leistungen durch die COFAG privatrechtlich gestaltet ist, die gewährten Leistungen aber von den Finanzämtern und damit im Rahmen der Hoheitsverwaltung überprüft werden. Darin liege eine unzulässige Vermischung hoheitlicher und privatrechtlicher Handlungsformen und ein Verstoß gegen das Rechtsschutzsystem der Bundesverfassung.

Der VfGH erachtet auch dieses Bedenken als nicht begründet: Dem Staat steht es nämlich grundsätzlich frei, zur Erfüllung seiner Aufgaben entweder hoheitliche oder privatrechtsförmige Mittel einzusetzen. Bei Maßnahmen, die mit erheblichen Grundrechtseingriffen verbunden sind, muss allerdings ein Rechtsschutz gewährleistet sein, der die Rechte der Betroffenen ausreichend sichert.

Im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Ansprüchen auf Förderungsleistungen und mit der Rückforderung gewährter Hilfen durch die COFAG ist den betroffenen Unternehmen Rechtsschutz vor den ordentlichen (Zivil-)Gerichten eingeräumt. Soweit das Finanzamt im Verfahren zur Überprüfung von gewährten Leistungen behördliche Zwangsakte (z.B. das Betreten von Grundstücken) setzt, steht den Betroffenen die Möglichkeit der Maßnahmenbeschwerde an das zuständige Verwaltungsgericht offen.

(G 233/2021 u.a. Zlen.)

Mehrere Anträge zu Maßnahmen gegen COVID-19 im Hinblick auf die bisherige Rechtsprechung des VfGH abgelehnt

Einen Antrag, der sich gegen die Ausgangsbeschränkungen für die Nachtstunden ab Dezember 2020 richtete, hat der VfGH nach einer ersten Prüfung abgelehnt: Angesichts der im Verordnungsakt umfassend dokumentierten epidemiologischen Situation, die Anfang Dezember 2020 geherrscht hat, waren die geltend gemachten Eingriffe in das Recht auf Freizügigkeit verhältnismäßig.

(V 606/2020)

In gleicher Weise lehnte der VfGH Anträge ab, die das Betretungsverbot für Gaststätten im Jänner 2021 sowie das Betretungsverbot für Betriebsstätten des Handels im Februar 2021 betrafen.

(V 31/2021 bzw. V 47/2021)


Anträge, die in den vergangenen Wochen beim VfGH eingegangen sind und Maßnahmen gegen die Pandemie wie die 2G-Regel für die Gastronomie oder den Lockdown für Ungeimpfte zum Inhalt haben, befinden sich derzeit im Vorverfahren. Der VfGH hat also je nach den angefochtenen Gesetzen oder Verordnungen die Bundesregierung, das zuständige Bundesministerium, Landeshauptleute oder Bezirkshauptmannschaften um eine Stellungnahme zu den Argumenten der Antragsteller gebeten. Die Frist für solche Stellungnahmen beträgt üblicherweise etwa sechs Wochen. Erst nach Einlangen der Stellungnahmen kann der VfGH über solche Fälle entscheiden.


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