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VfGH befasst sich mit ORF-Gebühr und Eintragung in das Personenstandsregister

28.02.2022

Insgesamt etwa 400 Fälle – Beratungen sind für drei Wochen angesetzt

Der VfGH berät seit heute, Montag, über insgesamt etwa 400 Fälle. Die Beratungen sind für etwa drei Wochen anberaumt.

Ein Teil der Fälle bezieht sich auf das Thema COVID-19, worüber in einer Presseaussendung (vom 24. Februar) bereits berichtet wurde. Auf der Tagesordnung stehen auch die folgenden Anträge und Beschwerden.   

ORF wendet sich gegen gebührenfreien Empfang über Internet

Der ORF ficht in einem Antrag Bestimmungen des ORF-Gesetzes und des Rundfunkgebührengesetzes an, denen zufolge bei ausschließlicher Nutzung von Fernseh- und Radioprogrammen des ORF über das Internet (Streaming) keine Rundfunkgebühren und kein ORF-Programmentgelt anfallen. Der das Programmentgelt regelnde § 31 Abs. 10 des ORF-Gesetzes verweist auf den „Rundfunkteilnehmer“-Begriff im Rundfunkgebührengesetz (§ 2 Abs. 1 RGG). Der Verwaltungsgerichtshof versteht diesen Begriff des „Rundfunkteilnehmers“ so, dass (nur) Personen, die über ein Gerät mit herkömmlicher Rundfunktechnologie (Terrestrik, Kabel Satellit) verfügen, davon erfasst werden.

Diese Definition sei, so der ORF, zu eng gefasst. Er sieht dadurch u.a. sein Recht auf Rundfunkfreiheit und auf Gleichheit vor dem Gesetz verletzt. Aus dem BVG Rundfunk sei abzuleiten, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit den notwendigen finanziellen Mitteln auszustatten sei; die „Streaming-Lücke“ gefährde langfristig die Finanzierung des ORF. Die Differenzierung zwischen herkömmlicher Rundfunktechnologie und Internet sei unsachlich und damit ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz wie gegen das BVG Rundfunk, weil es im Tatsächlichen ja keinen Unterschied mache, ob die ORF-Programme über das Internet oder über sonstige (Rundfunk)Technologien empfangen werden.

(G 226/2021)

Personenstand: VfGH prüft § 144 und Teile von § 145 ABGB auf Verfassungsmäßigkeit  

Der VfGH führt zu § 144 und Teilen des § 145 ABGB ein Gesetzesprüfungsverfahren durch. Anlass dafür ist die Beschwerde einer Frau, deren eingetragene Partnerin ein Kind zur Welt gebracht hat und die im Sinne des ABGB als „anderer Elternteil“ in das Zentrale Personenstandsregister eingetragen werden möchte. Der Magistrat der Stadt Wien als Personenstandsbehörde hat diese Eintragung nicht durchgeführt, weil gemäß § 144 Abs. 2 Z 1 ABGB eine Frau, die mit der Mutter eines Kindes zum Zeitpunkt der Geburt in eingetragener Partnerschaft lebt, nur dann als Elternteil gilt, wenn – was im Anlassfall nicht erfolgte – an der Mutter eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung durchgeführt worden ist (also nicht auch bei natürlicher Zeugung des Kindes).

Die zu überprüfende Regelung scheint insofern gegen den Gleichheitsgrundsatz zu verstoßen, als die Elternschaft einer Frau als „anderer Elternteil“ nur unter der Voraussetzung in Betracht kommt, dass an der Mutter vor der Geburt eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung durchgeführt wurde. Für die Elternschaft des Mannes in einer verschiedengeschlechtlichen Beziehung gilt keine solche Beschränkung.

Wird ein Kind durch natürliche Fortpflanzung in eine (eingetragene) Partnerschaft zweier Frauen geboren, so kann die Partnerin der Mutter als „anderer Elternteil“ selbst dann nicht eingetragen werden, wenn der biologische Vater unbekannt ist. Dies dürfte ebenso gleichheitswidrig sein.

In dem Gesetzesprüfungsverfahren ist nun zu entscheiden, ob diese Bedenken zutreffen. Der VfGH führt dazu auch eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

(G 230/2021)

Zwei Beschwerden betreffend Gesetz über die Verwendung von Symbolen

Ein in Wien lebender Mann erhebt Beschwerde, da er sich u.a. in seinen Rechten auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit verletzt sieht. 2021 untersagte die Landespolizeidirektion Wien eine Versammlung, die der Beschwerdeführer unter dem Titel „Kundgebung für Frieden und Demokratie in Kurdistan“ anmelden wollte. Dabei sollte eine Fahne der PKK (Partiya Karkerên Kurdistanê, Kurdische Arbeiterpartei) verwendet werden. Entsprechend auch für Österreich geltenden Rechtsakten der EU gehört die PKK zu den verbotenen terroristischen Vereinigungen. Ebenso sollte dem Beschwerdevorbringen zufolge ein Transparent mit der Aufschrift „Anerkennung der PKK als Vertreterin des kurdischen Volkes und als Gesprächspartnerin bei den Friedensverhandlungen mit dem türkischen Staat!“ gezeigt werden.

Die Verwendung der Fahne ist nach dem Symbole-Gesetz verboten und würde eine Verwaltungsübertretung bedeuten (§ 1 bzw. § 3 Abs. 1 SymboleG), worauf die Landespolizeidirektion Wien als Versammlungsbehörde den beschwerdeführenden Mann auch hingewiesen hatte, bevor sie die Kundgebung verbot. Dieser bestand jedoch auf der Verwendung der Fahne. Er sei kein Mitglied der PKK, wolle aber gegen das Symbole-Gesetz protestieren.

(E 3120/2021)

Ein anderer Beschwerdeführer bekämpft eine Strafe nach dem Symbole-Gesetz. Dieser hatte, wie das Landesverwaltungsgericht Tirol feststellte, im Februar 2020 auf seiner Facebook-Seite Fotos gepostet und damit ein verbotenes Symbol, nämlich das Handzeichen der Gruppierung „Graue Wölfe“, zur Schau gestellt. Das Symbole-Gesetz verstoße aber, wie es in der Beschwerde heißt, u.a. gegen den Gleichheitsgrundsatz, denn die „Grauen Wölfe“ würden in dem Gesetz mit Terrororganisationen wie Al-Qaida gleichgesetzt, obwohl sie weder in Österreich noch in der EU als terroristische Vereinigung geführt werden.

(E 2113/2021)

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