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Plastiksackerln bleiben verboten – VfGH erledigte im Juni und Juli über 800 Fälle

31.07.2020

Im September Beratungen zu „Kopftuchverbot“ und  Verbot der aktiven Sterbehilfe 

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinen Beratungen im Juni und Mitte Juli über 800 Fälle erledigt. Darunter sind nicht nur Entscheidungen betreffend COVID-19-Maßnahmen oder Wahlanfechtungen, über die bereits informiert wurde (siehe hinterlegte Links), sondern auch Erkenntnisse und Beschlüsse, die in diesen Tagen zugestellt wurden. 

Plastiksackerl-Verbot liegt im Spielraum des Gesetzgebers 

Der VfGH hat etwa die Behandlung eines Antrags abgelehnt, der sich gegen das Verbot von Plastiksackerln bzw. Inverkehrbringen von Kunststofftragetaschen gerichtet hatte, wie es im Gesetz heißt. Die Antragsteller hatten das Verbot aus mehreren Gründen für verfassungswidrig gehalten: Auf Grund der Vorlaufzeit von fünf Monaten liege ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Recht auf Erwerbsfreiheit der Erzeuger und Vertreiber von Plastiksackerln vor; auch sei die Regelung gleichheitswidrig, weil sie sich auf bestimmte Erzeugnisse aus Kunststoff beschränke; schließlich sei nicht berücksichtigt worden, dass Tragetaschen aus anderem Material ebenfalls nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit hätten. Der VfGH entschied, dass die angefochtenen Bestimmungen im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegen.

(G 227/2019) 

Schutz auch für jene, die von einem Asylberechtigten vertreten werden 

Nach dem Asylgesetz 2005 ist Familienangehörigen eines Asylberechtigten auf Antrag ebenfalls der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen. Als Familienangehörige gelten u.a. die Eltern eines minderjährigen Asylberechtigten,  Ehepartner und minderjährige Kinder des Asylberechtigten sowie der gesetzliche Vertreter eines Asylberechtigten, sofern dieser minderjährig und nicht verheiratet ist (§ 2 Abs. 1 Z 22 Asylgesetz 2005). 

Die Regelung im Asylgesetz bezweckt offensichtlich, dass der gesetzliche Vertreter eines in Österreich Asylberechtigten seine Aufgaben in Bezug auf diesen auch im Inland wahrnehmen kann. Dies geschieht eben dadurch, dass der Vertreter ebenso Schutz unter dem Asylrecht bekommt und damit nach Österreich einreisen und hier bleiben kann. In der Praxis geht es meist um die Vertretung von Minderjährigen; insofern dient die Regelung dem Kindeswohl. 

Ist aber der in Österreich Asylberechtigte selbst gesetzlicher Vertreter eines minderjährigen Kindes, kann dieses Kind nicht denselben Schutzstatus erhalten. Diese Differenzierung widerspricht dem verfassungs­rechtlichen Gleichheitsgrundsatz, stellte der VfGH fest. Denn ein vernünftiger Grund für eine Ungleichbehandlung ist nicht erkennbar: Ein minderjähriges Kind steht zu seinem gesetzlichen Vertreter in vielen Fällen in einem Verhältnis, das dem zwischen Eltern und Kind entspricht.  

Der VfGH hat daher die einschränkende Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 Z 22 Asylgesetz 2005 als verfassungswidrig aufgehoben. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 30. Juni 2021 in Kraft.

(G 298/2019) 

Vorbereitung der Beratungen im Herbst u.a. über „Kopftuchverbot“ und Sterbehilfe 

In den kommenden Wochen bereitet das Richterkollegium des VfGH mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Entscheidungsvorschläge u.a. für Fälle vor, die bei den nächsten Beratungen im September auf der Tagesordnung stehen werden. Dazu gehören etwa das „Kopftuchverbot“ (Verhüllungsverbot in Volksschulen) sowie das Verbot der aktiven Sterbehilfe. Zu diesem Thema wird es eine öffentliche Verhandlung geben.

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