Navigation öffnen
Inhalt

VfGH-Herbstsession mit Fällen zur Mindestsicherung und Bankomatgebühren

21.09.2018

Weiters auf der Tagesordnung: Dritte Piste am Flughafen Wien und Anfechtung der Innsbrucker Gemeinderatswahl.

Der Verfassungsgerichtshof befasst sich in seiner am Montag, 24. September 2018, beginnenden Herbstsession mit den Bestimmungen der Mindestsicherung in Oberösterreich und dem Burgenland. Die Anträge bzw. Beschwerden haben vor allem die betragsmäßige Deckelung der Mindestsicherung für Familien bzw. Bedarfsgemeinschaften zum Inhalt.

Fortgesetzt werden die Beratungen über die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der gesetzlichen Beschränkungen für Bankomatgebühren. Zweimal ist der Flughafen Wien Thema: Einerseits beeinspruchen Bürgerinitiativen die Genehmigung für den Bau der dritten Piste des Airports, andererseits will der Rechnungshof eine Gebarungsüberprüfung bei der Betreibergesellschaft durchsetzen. Die Richterinnen und Richter beraten außerdem über eine Anfechtung der Innsbrucker Gemeinderatswahl vom 22. April 2018.

Die Session dauert bis 13. Oktober 2018. Zum Antrag des Rechnungshofes betreffend Gebarungsüberprüfung bei der Flughafen Wien AG und der Vienna Airport Technik GmbH führt der Verfassungsgerichtshof am Donnerstag, 27. September 2018, 10.00 Uhr, eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Ort: Verfassungsgerichtshof, 1010 Wien, Freyung 8. Medienvertreterinnen und -vertreter werden für den Fall einer Teilnahme an der Verhandlung um ein kurzes Aviso an mediensprecher@vfgh.gv.at ersucht.

Die Aufnahme von Fällen auf die Tagesordnung bedeutet nicht automatisch, dass diese Fälle auch in dieser Session entschieden werden. Wenn noch Fragen geklärt werden müssen, ist eine Verschiebung in die nächste Session möglich. Vor Beginn der Beratungen kann außerdem keine Aussage über die Art der Erledigung getroffen werden.    

Deckelung und Wartefrist bei der Mindestsicherung: Fälle aus Oberösterreich und dem Burgenland 

Aufgrund von Anträgen bzw. Beschwerden des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich und von im Burgenland ansässigen Personen befasst sich der Verfassungsgerichtshof mit den Mindestsicherungsgesetzen dieser Bundesländer. 

Im Fall Oberösterreich hat das Landesverwaltungsgericht Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der betragsmäßigen Deckelung der Gesamtleistung für Bedarfsgemeinschaften. Diese Grenze liegt gemäß dem oberösterreichischen Mindestsicherungsgesetz bei € 1500.-- bzw. (nach Inflationsanpassungen) € 1512.--. Bei größeren Familien oder Bedarfsgemeinschaften wird die pro Person zustehende Leistung zu gleichen Teilen so weit gekürzt, dass dieser Deckel nicht überschritten wird.  

Darüber hinaus ist eine Untergrenze vorgesehen, unter welche der pro Person zustehende Mindeststandard nicht sinken darf. Diese Grenze liegt aber so niedrig, dass sie nach Berechnungen des Verwaltungsgerichts nur in seltenen Ausnahmefällen durchbrochen werde.  

Auch das burgenländische Mindestsicherungsgesetz sieht eine Deckelung sowie weiters eine Wartefrist auf die volle Mindestsicherung vor; für Personen, die sich in den vergangenen sechs Jahren weniger als fünf Jahre in Österreich aufgehalten haben, gelten niedrigere Mindeststandards. Die Beschwerdeführer in diesem Verfahren haben einen Mindestsicherungsbescheid zuerst vor dem Landesverwaltungsgericht Burgenland bekämpft. Dieses hat die Beschwerden aber abgewiesen. 

Geldinstitute beantragen die Aufhebung von Beschränkungen für Bankomatgebühren 

Zahlreiche österreichische Banken haben gemeinsam einen Antrag auf Aufhebung von Beschränkungen für Bankomatgebühren eingebracht. Seit 13. Jänner 2018 dürfen Geldinstitute ihren Kunden nur mehr in Ausnahmefällen Gebühren für Bargeldabhebungen mit der Bankomatkarte verrechnen. Außerdem muss die kontoführende Bank Gebühren und Entgelte übernehmen, die Betreiber unabhängiger Geldausgabeautomaten für Abhebungen verlangen. 

Die Banken machen in ihrem Antrag eine Verletzung des Rechts auf Unverletzlichkeit des Eigentums geltend. Unabhängige Automatenbetreiber und Kunden könnten hinsichtlich der Gebühren zu Lasten Dritter – der Banken nämlich – agieren, ohne dass diese Banken darauf Einfluss nehmen könnten.  

Mittelfristig drohe eine Verdrängung der von Banken betriebenen Bankomaten durch solche unabhängiger Betreiber, die Gebühren einheben, heißt es in dem Antrag. Für Konsumenten würde die Versorgung mit Bargeld dadurch schlechter und teurer, weshalb die bekämpften Bestimmungen im Verbraucherzahlungskontogesetz (VZKG) nicht im Sinne des Konsumentenschutzes seien. Somit fehle auch das öffentliche Interesse an der Regelung. 

Der Verfassungsgerichtshof hat in dieser Sache am 26. Juni 2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung abgehalten. 

Macht ein Fehler auf Aushängen die Innsbrucker Gemeinderatswahl 2018 ungültig? 

Die „Bürgerinitativen Innsbruck“ (BI) haben die Gemeinderatswahl vom 22. April 2018 angefochten. Sie begründen diesen Schritt unter anderem mit einem Fehler bei den Aushängen mit den Wahlvorschlägen in den Wahlzellen. Dort sei bei den BI ein Kandidat für die gleichzeitig stattfindende Bürgermeisterwahl angeführt, obwohl die BI für diese Wahl bewusst keinen Kandidaten genannt hätten. Noch dazu sei die betreffende Person ein früheres Mitglied der BI, das nun als Bürgermeisterkandidat einer anderen Liste angetreten sei. Die BI gehen davon aus, dass sich mögliche Wählerinnen und Wähler der BI durch die scheinbare Doppelkandidatur hintergangen gefühlt und daher „in letzter Sekunde“ für eine andere Liste gestimmt hätten. Die BI erreichten bei der Wahl 2,08 Prozent der Stimmen und damit kein Mandat im Gemeinderat. 

Bürgerinitiativen gehen gegen die geplante dritte Piste des Flughafens Wien-Schwechat vor 

Die Pläne für die Errichtung einer dritten Piste am Flughafen Wien-Schwechat beschäftigen den Verfassungsgerichtshof bereits zum zweiten Mal. Im Jahr 2017 haben die Richterinnen und Richter einer Beschwerde der Flughafen Wien AG und des Landes Niederösterreich gegen eine Untersagung des Projekts stattgegeben. Nunmehr gehen Bürgerinitiativen, die das Vorhaben ablehnen, mit einer Beschwerde gegen die nach der ersten VfGH-Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht erteilte Bewilligung vor.

Die Beschwerdeführer machen die Verletzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten durch die Anwendung einer – behauptetermaßen – verfassungswidrigen Bestimmung des Luftfahrtgesetzes und durch die – behauptetermaßen – gesetzwidrige Luftverkehr-Lärmimmissionsschutzverordnung geltend. So werde ua durch den Fluglärm die Nutzbarkeit von Gärten beeinträchtigt. Die Beschwerdeführer sprechen von einer „behördlich sanktionierten Einschränkung des Privat- und Familienlebens der dort Wohnenden“. Thematisiert wird auch, dass durch Gesetz und Verordnung nur Wohn- und Schlafbereiche, nicht aber zB Büroräume und Ausbildungsstätten geschützt würden.

Die Bewilligung durch das Bundesverwaltungsgericht sei angesichts „massiver Werbe- und Pressekampagnen“ sowie „Druckausübung seitens der Regierung und Interessenvertretungen“ zudem unter Umständen zu Stande gekommen, die ein faires Verfahren nicht zugelassen hätten.

Rechnungshof will Flughafen Wien AG und deren Techniktochter prüfen 

Der Rechnungshof hat beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit mit der Flughafen Wien AG gestellt. Anlass ist die Absicht des Rechnungshofes, die Gebarung des Flughafens und der Techniktochter Vienna Airport Technik GmbH ab 1. Jänner 2017 zu prüfen. Der Flughafen hatte die Prüfung verweigert und dies damit begründet, dass – anders als vom Rechnungshof angenommen – keine faktische Beherrschung des Unternehmens durch die öffentliche Hand mehr vorliege. 

Der Rechnungshof hatte den Verfassungsgerichtshof bereits im Jahr 2017 angerufen, um eine Gebarungskontrolle beim Flughafen Wien durchzusetzen. Diesen Antrag hatte der Gerichtshof mangels ausreichender Eingrenzung eines Zeitraums für die beabsichtigte Gebarungsüberprüfung zurückgewiesen, ohne inhaltlich zu entscheiden.

Zum Seitenanfang